Nachhaltigkeitsverantwortliche rekrutieren: „Es braucht ein Gespür, was umsetzbar ist.“

Unternehmen wollen und müssen sich zunehmend mit Nachhaltigkeitsfragen auseinandersetzen. Welche Kompetenzen braucht es um mit diesen Themen intern ein offenes Ohr zu finden und erfolgreich Nachhaltigkeitsprojekte umsetzen zu können? Ein Interview mit Thomas Brechbühl und Peter Rieder von tricube.

Interview: Susan Glättli, ecotext

Welche Kompetenzen braucht eine Person, die in einem Unternehmen eine Nachhaltigkeits- oder CSR-Strategie umsetzen soll?
«Eine Nachhaltigkeitsbeauftragte oder ein Projektleiter Nachhaltigkeit braucht viel Verhandlungsgeschick und Durchhaltevermögen. Vom Zeitpunkt der ersten Abklärungen, was machbar und relevant ist, bis dahin, dass sich eine Kultur des nachhaltigen Handelns durchsetzt, vergehen spielend drei bis fünf Jahre. Die Projektleiterin oder der Projektleiter reüssiert, wenn sie oder er bei den Fachleuten intern Vertrauen erwecken und sich gut in deren Aufgaben einfühlen kann. Eine gewinnende Ausstrahlung ist vonnöten und auch Leichtigkeit beim Netzwerken und Moderieren. Die Person sollte im Unternehmen viele Kontakte herstellen und unterhalten, damit das Thema Nachhaltigkeit auch seinen Platz bekommt – wird es doch von vielen zuerst als hinderlich oder lästig wahrgenommen.»


Braucht es fachliche Kenntnisse?
„Ein fachlicher Background ist nützlich aber nicht allein entscheidend. Gerne werden Leute angestellt, welche die Praxis kennen, zum Beispiel ein technischer Kaufmann. Ein Nachhaltigkeitsbeauftragter in einem Spital hat es natürlich leichter, wenn er ursprünglich einen Pflegeberuf erlernt hat; ebenso ein Ingenieur oder eine Technikerin in einem Produktionsbetrieb. Essentiell sind aber Projektmanagementkompetenzen, Verhandlungsflair, etwas Didaktik und ein Gespür dafür, was sich umsetzen lässt.»


Mit wem arbeitet ein Nachhaltigkeitsbeauftrager zusammen?
«In einem Projektteam arbeiten oft Haus- oder Produktionstechniker, Sicherheitsbeauftragte, Beschaffungs-,  Marketing- und Kommunikationsfachleute und ein Geschäftsleitungsmitglied zusammen. Die Nachhaltigkeitsbeauftragte führt dieses Team und sorgt für Fortschritte. Eine Nachhaltigkeitsbeauftragte steht sowohl mit dem Management als auch mit einfachen Mitarbeitenden in Kontakt. Zu beiden Parteien muss sie einen guten Draht haben. Idealerweise ist eine Nachhaltigkeitsbeauftragte weit oben in der Hierarchie angesiedelt, etwa in einer Stabsstelle, sie arbeitet und wirkt aber basisnah.»


Sagen wir mal, es gehe darum, den CO2-Ausstoss des Unternehmens um 50 Prozent zu senken: Wen brauchen Unternehmen um ein solches Ziel zu erreichen?
«Weil Nachhaltigkeitsbeauftragte oft kreative Lösungen suchen müssen, damit sich die unterschiedlichen Ziele vereinbaren lassen, braucht es Querdenker. Die Person muss gut zwischen einem technischen Leiter und einem Marketingmensch vermitteln und die Ideen lenken können. Sie muss ausserdem die Geschäftsleitung ermutigen, während mehrerer Jahre mit wenig sichtbaren Erfolgen an einem Projekt festzuhalten indem sie dessen Nutzen aufzeigt. Was nicht funktioniert, ist ein Hochglanz-Nachhaltigkeitskonzept top-down durchzusetzen. Dann entsteht eine Blockade. Zielführender ist es, pragmatisch laufend kleine Dinge anzugehen, die für die Mitarbeitenden nachvollziehbar sind. Da Investitionen in die Nachhaltigkeit des Unternehmens ohnehin nötig sind, lohnt es sich in vielen Fällen eine spezialisierte Firma beizuziehen, welche mit erprobten Schulungskonzepten und Inputs auf allen Stufen einen Kulturwandel einleiten kann.»


Muss sich ein Nachhaltigkeitsbeauftragter auch um eine Veränderung der Firmenkultur und um mögliche Anreizsysteme für verantwortungsvolles Verhalten kümmern oder können die HR-Fachpersonen hier Hand bieten?
«Nachhaltigkeit im Unternehmen ist immer ein Kulturthema. Auch deswegen braucht es Ausdauer. Der Nachhaltigkeitsbeauftrage sollte die Beeinflussung der Firmenkultur ebenfalls auf seiner Agenda stehen haben. Die Veränderung fängt mit einem Vorleben auf höchster Stufe an. HR-Fachpersonen können allenfalls bei der spezifischen Bildung und Personalentwicklung einen Beitrag leisten, wenn sie in der Lage sind nachhaltigkeitsbezogene Weiterbildungen aufzubauen oder indem sie externe Kurse mit diesem Fokus vorschlagen.»


Links:
http://www.weact.ch/nachhaltigkeit
https://www.sanu.ch/de/Unternehmen/Beratungsangebote/inhouse%5Fne
http://www.tricube.ch/

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